Die Paralympics in Tokio sind nun Geschichte. Für fünf Mitarbeiter:innen des BG Klinikum Hamburg bedeutet das, wieder ihre klinikinternen Aufgaben zu übernehmen. Im Rahmen eines offiziellen Empfangs am 20.09.2021 ließen es sich die Geschäftsführung, vertreten durch Dr. Harald Müller, gemeinsam mit zahlreichen Mitarbeiter:innen des BGKH nicht nehmen, die paralympischen Sportlerinnen herzlich willkommen zu heißen und sie zu ihren Erfolgen bei den Paralympics in Tokio zu beglückwünschen. Zu den Gästen des Empfangs zählte auch Kumar Tschana, Geschäftsführer des HSV e.V. und Vizepräsident des Hamburger Sportbundes.
Begrüßt wurden Anne Patzwald und Maya Lindholm aus dem Rollstuhlbasketball-Nationalteam der Damen, die mit ihrer Mannschaft einen beachtlichen vierten Platz in Tokio erreichen konnten. Sporttherapeutin Edina Müller konnte sich in Tokio über paralympisches Gold im Parakanu über 200m freuen. Ebenfalls begrüßt wurde auch Dr. Sascha Kluge, Leitender Arzt im Zentrum für Rehabilitationsmedizin am BGKH. Er begleitete das Deutsche Herrenteam der Rollstuhlbasketballer als Mannschaftsarzt und konnte mit dem Team den siebten Platz erreichen.
Geschäftsführer Dr. Harald Müller zeigte sich stolz auf seine Mitarbeiter:innen: „Sie alle haben uns in Tokio eindrucksvoll gezeigt, dass Sie nicht nur zu den besten Ihres Sports in Deutschland gehören, sondern ganz oben an der Weltspitze des paralympischen Sports stehen. Wir sind sehr stolz, dass Sie als Repräsentant:innen des Hauses den Behindertensport so erfolgreich in die Welt getragen haben und damit auch Vorbild für sehr viele Verunfallte sind, die hier bei uns in im BGKH behandelt werden.“
Für Anne Patzwald, die als Ergotherapeutin im BGKH arbeitet, war die Teilnahme an den Paralympics lange unklar – nach einem Sturz mit dem Rollstuhl im Mai 2020 auf dem Weg zur Arbeit kam es zu massiven gesundheitlichen Komplikationen, Ärzte diagnostizierten eine Hirnhautentzündung, durch die Schürfwunde kam es zu einem Abszess mit Sepsis, dazu eine massive Entzündung des Rückenmarks, wo sich die umgebenden Häute verklebt hatten. Ein langer Leidensprozess folgte, mit insgesamt acht OPs, drei Wochen Intensivstation und einer langwierigen Reha – Anne Patzwald wurde von der Ergotherapeutin zur Patientin im BGKH: „Dass ich überhaupt in Tokio starten konnte, verdanke ich zu großen Teilen auch den Mitarbeiter:innen hier im Haus“, blickt Patzwald zurück, „zu Beginn meiner beruflichen Wiedereingliederung Anfang dieses Jahres war an Sport erstmal nicht zu denken. Dass ich so schnell wieder zur Nationalmannschaft dazu stoßen konnte, ist auch ein Verdienst der Therapeut:innen und Psycholog:innen des BGKH. Diese Spiele in Tokio waren für mich also in doppelter Hinsicht ein Erfolg.“
Auch für Maya Lindholm, Ergotherapeutin im Rehazentrum City, waren die sportlichen Erfolge rückblickend nicht das Einzige, was ihr positiv in Erinnerung bleiben wird: „Das Leben im Paralympischen Dorf ist wie in einer anderen Welt, ein unglaubliches Gefühl, täglich so viele verschiedene Menschen zu erleben, die alle nur ein Ziel haben. Trotz dem Kampf um die Medaillen sind alle fair. Die Volunteers sind unglaublich nett, höflich und einfach fröhlich. Begrüßt man sie mit einem Konichiwa sind sie einfach happy und das überträgt sich. Wir sind als Team extrem zusammengewachsen und hatten optimale Bedingungen.“
Teamkollegin Mareike Miller, die ebenfalls im BGKH arbeitet und als Fahnenträgerin die deutsche Paralympische Mannschaft bei der Eröffnungsfeier in Tokio anführen durfte, war zur Begrüßung im BGKH leider verhindert. Sie schildert ihre Eindrücke von Tokio wie folgt: „Wir sind großartig in das Turnier gestartet, besser als uns viele zugetraut hätten. Und insbesondere im Halbfinale haben wir lange gegen die Favoritinnen aus Holland gut gespielt. Leider konnten wir uns durch die letzten Minuten und einem chaotischen Spiel gegen die USA nicht mehr dafür belohnen. Nichtsdestotrotz war es ein besonderes Privileg, in der aktuellen Zeit diese Veranstaltung erleben zu können und sie gemeinsam, gesund absolviert zu haben. Die gastfreundlichen Japaner, die uns überall zugewinkt, herzlichst begrüßt und verabschiedet haben, haben uns besonders viel positive Energie und Spaß bereitet. Ein für mich besonders schöner Moment, den ich so schnell nicht vergessen werde, ist natürlich auch der Einlauf zur Eröffnungsfeier.“
Auch für Sporttherapeutin Edina Müller, die neben der Paralympischen Goldmedaille gerade mit einer Silbermedaille von der am Wochenende in Kopenhagen durchgeführten Para-Kanu-WM zurückgekehrt ist, bleiben die Eindrücke aus Tokio unvergesslich: „Ich hatte das große Glück, dass mich mein Partner und mein kleiner Sohn nach Tokio begleiten durften – angesichts der strengen Pandemie-Auflagen rund um die paralympischen Spiele war das alles andere als selbstverständlich. Dass ich vor Ort dann auch meine besten Leistungen abrufen konnte und diese Goldmedaille mit nach Hause bringen konnte, ist schon ganz besonders für mich – gerade in diesem Jahr, in dem die Wettkampfvorbereitung unter Pandemiebedingungen nicht immer ganz einfach war. Auch im Namen der anderen Sportlerinnen möchte ich mich herzlich bei der Geschäftsführung und allen Kolleg:innen hier im BGKH für die Unterstützung bedanken – wir sind sehr froh, dass der paralympische Sport in Boberg schon so lange diesen großen Stellenwert hat und uns Sportlern diese Möglichkeiten erst eröffnet.“
Prof. Dr. Roland Thietje (Chefarzt des Querschnittgelähmten-Zentrums am BGKH) erläuterte die Bedeutung der Sportlerinnen für die Rehabilitanden, die diese sowohl als Therapeutinnen als auch als Peer Berater haben: „Neben ihrer therapeutischen Arbeit engagieren sich unsere Sportler:innen alle im Peer-Counseling. Mit Ihnen haben wir hier wirkliche Leuchttürme – ja Gallionsfiguren des Sports in unserem Hause. Davon profitieren vor allem frisch verletzte Patient:innen, die den Athlet:innen in Boberg ganz nah sind, Erfahrungen austauschen und mit ihnen trainieren können. Nicht jeder Patient muss ein Leistungssportler werden, aber Sie zeigen uns durch Ihre Erfolge hautnah, dass es auch mit Querschnittlähmung keine Grenzen im Sport gibt.“
Der Behindertensport ist seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil des ganzheitlichen Rehabilitationskonzepts im BG Klinikum Hamburg, auch die Bundeszentrale des Deutschen Rollstuhl-Sportverbands (DRS) ist in den Räumlichkeiten des Unfallkrankenhauses im Hamburger Osten ansässig. Andreas Escher, Referatsleiter Sport, Mobilität und Inklusion beim DRS, bedankte sich für diese langjährige erfolgreiche Kooperation: „Der DRS hat im BGKH schon lange ein zuhause – dass der Behindertensport durch zahlreiche gemeinsame Projekte untrennbarer Teil des Therapiekonzepts in Boberg ist, ist keine Selbstverständlichkeit. Die Paralympics haben, auch durch die umfangreiche Berichterstattung in den Medien zur besten Sendezeit, gezeigt, dass es ein großes öffentliches Interesse am Behindertensport gibt. Daran wollen wir durch weitere öffentlichkeitswirksame Projekte und niederschwellige Angebote innerhalb der DRS-Vereine, die Frischverletzten einen Einstieg in den Sport ermöglichen, weiter anknüpfen.“
Das BGKH ist zudem exklusiver Partner der BG Baskets – den Rollstuhlbasketballern des HSV. Diese erfolgreiche Zusammenarbeit sieht auch Kumar Tschana (Geschäftsführer des HSV e.V. und Vizepräsident des Hamburger Sportbundes) als essentiellen Schlüssel für die Förderung des paralympischen Sports in Hamburg: „Wir sind sehr stolz auf die Erfolge unserer Hamburger Paralympionikinnen in Tokio. Gemeinsam sind wir auf einem guten Weg, die Themen Sport und Inklusion hier in Hamburg auch in Punkto Nachwuchsförderung untrennbar miteinander zu verknüpfen. Durch die erfolgreiche Arbeit im Landesleistungszentrum, mit Unterstützung aktiver Spitzensportler:innen und natürlich auch durch die enge Zusammenarbeit mit starken Partnern wie dem BGKH hat Hamburg hier bundesweit sicherlich eine Vorzeigerolle eingenommen.“
Das BG Klinikum bedankt sich bei seinen erfolgreichen Sportler:innen für ihr außergewöhnliches Engagement und freut sich, damit große Vorbilder für eine erfolgreiche Rehabilitation der Patienten in den eigenen Reihen zu haben!
Text + Foto: DRS/ BG Klinikum Hamburg